Leider treten erste parodontale Probleme bei unseren Heimtieren häufig schon im Alter von 2-3 Jahren auf, im Alter von 5-6 Jahren haben 80 % der Hunde und Katzen bereits fortgeschrittene parodontale Erkrankungen. Plaque (Zahnbelag) ist die primäre Ursache von Zahnfleischentzündungen.Eine Plaqueschicht kann zunächst dünn und kaum wahrnehmbar sein, mit zunehmender Dicke erkennt man eine glänzende, schmierige Schicht auf der Zahnoberfläche. Bei nicht erfolgender Reinigung bildet sich aus mineralisierender Plaque Zahnstein, welcher infolge seiner Festigkeit deutlich schwieriger zu entfernen ist als Plaque.Typische erste Ansatzstellen sind z.b. beim Hund die Innenseite der Unterkieferfront sowie im Oberkiefer die Außenflächen des letzten Praemolaren, da hier Speicheldrüsen ausmünden und die zur Mineralisation der Plaque erforderlichen Mineralsalze schnell verfügbar sind. Wird Zahnstein nicht entfernt, dringt er unter Verdrängung des Zahnhalteapparates langsam in Richtung Wurzel vor, die der Zahnwurzel anhaftenden festen Beläge werden jetzt Konkremente genannt. Infolge einer Zunahme anaerober Bakterien fällt dem Besitzer jetzt zunehmend ein unangenehm fauliger Geruch aus der Mundhöhle auf, welches im Regelfalle jetzt zur Vorstellung des Tieres in der Sprechstunde führt.
Sinnvoll ist zunächst die Erstellung eines sgn. Parodontalstatus, der den Istzustand das Parodontes aller Zähne abbildet und die Grundlage für den späteren Therapieentscheid darstellt. Mittels spezieller Meßsonden werden Sondierungstiefen,Furkationsbefall und Lockerungsgrad jedes Zahnes erfaßt. Eine wertvolle Ergänzung sind einzelne dentale Röntgenaufnahmen bzw.- wie in der Humanmedizin sogar gesetzlich vorgeschrieben- ein kompletter Röntgenstatus aller Zähne.Da sich eine Parodontitis immer über einen längeren Zeitpunkt und quasi schleichend entwickelt, ist das ganze Ausmaß der Schäden oftmals für Behandler und Besitzer ernüchternd.
Um dem Patienten häufige Eingriffe unter Vollnarkose zu ersparen, sollte das Therapieziel in der Schaffung einer möglichst langfristig stabilen parodontalen Situation in einer Behandlungssitzung liegen, welche vom Tierbesitzer auch durch entsprechend Hygienemaßnahmen aktiv aufrecht erhalten werden kann.Irreversibel geschädigte Zähne werden extrahiert, sämtliche Beläge auf den verbleibenden Zähnen mittels Ultraschall und Handkürettage entfernt. Um die Hygenefähigkeit zu erhöhen, sollten freiliegende Wurzeln zusätzlich geglättet und Zahnfleischtaschen mittels Gingivektomie reduziert werden. Spülungen auf der Basis von Chlorhexidin bzw. Wasserstoffperoxid sowie die Applikation CHX haltiger Gele oder auch Chips runden die initiale Behandlung ab und bringen die akute Parodontitis zunächst zum Stillstand. Eine therapiebegleitende antibiotische Abschirmung ist bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf sinnvoll.
Im Rahmen der Nachsorge berichten die Besitzer häufig von einem deutlich verbesserten Allgemeinbefinden, besserer Futteraufnahme und wiederkehrendem Spieltrieb der Patienten, da die negativen Auswirkungen einer Parodontitis auf Herz, Leber , Niere und Gelenke entfallen. Bei Bedarf können jetzt auch gerne weiterführende Therapievarianten erörtert werden. Zu erwähnen sind hierbei die in der Humanmedizin üblichen regenerativen Verfahren , die unter bestimmten Rahmenbedingungen verlorenen Alveolarknochen wiederherstellen können.
Auch wenn eine professionelle tierzahnärztliche Behandlung den Behandlungsbeginn markiert, sei eindringlich nochmals auf die Bedeutung der vom Tierbesitzer durchzuführenden täglichen Zahnreinigung hingewiesen! Es handelt sich nach Behandlungsabschluß in den meisten Fällen um ein parodontal erheblich vorgeschädigtes Gebiß, welches ohne explizite Reinigung relativ schnell wieder zu akuten Entzündungen neigt. Ohne eine effiziente Mundhygiene, sei es über entsprechende Kausticks oder notfalls mittels Zähneputzen wird kein dauerhafter Behandlungserfolg gegeben sein.